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Segeln von Harlingen nach Terschelling 2023
Segeln auf dem holländischen WattenmeerZum Ende jeder Segelsaison finden an den Küsten der Niederlande noch einige attraktive Regatten für traditionelle Segelschiffe statt, die ich sehr gern besuche. Es fällt mir aber zunehmend schwer, deutschsprachige Gleichgesinnte zu finden, die im Herbst Lust haben, mich zu einer dieser Regatten zu begleiten. Die Gründe sind vielfältig. Zu viel Bequemlichkeit, denn wer nimmt schon eine Anreise von gut 8 Stunden mit der Bahn in Kauf? Zu wenig Zeit, denn wer hat noch oder "opfert" Urlaubstage dafür? Und die viel gerühmte Geschäftstüchtigkeit der holländischen Charterflottenbetreiber habe ich auch schon anders erlebt. Man muss schon ein wenig wissen, wo es etwas zu buchen gibt, was zu den eigenen Ansprüchen passt und rechtzeitig daran denken. Mit der "Suydersee" habe ich ein Segelschiff gefunden, auf dem ich bereits mehrfach das Brandarisrace mitsegeln durfte.
Das Wetter war wie immer: bescheiden und super!
Los ging es mit Schietwedder, wie wir hier im Norden sagen. Eigentlich wollte ich rechtzeitig vor Ort sein, um noch den Hafen von Harlingen zu erkunden. Dort liegen bekanntlich viele Segelschiffe, die ich gern dokumentieren möchte. Das hatte aber diesmal so gut wie keinen Sinn. Die unangenehmste Sorte von Regen sorgte für Ungemütlichkeit und viel zu wenig Licht. Und dabei blieb es nicht. Der ohnehin stürmische Wind sollte noch zunehmen, sodass noch am Anreiseabend die Nachricht kam: das Brandarisrace 2023 wird abgesagt! Obwohl am Samstag noch moderate Windverhältnisse herrschten, müssen die Schiffe dann ja am nächsten Tag auch wieder sicher zurück fahren. Für diese Fahrten wollten die Organisatoren jedenfalls keine Verantwortung übernehmen. Mehrere Schiffsführungen haben dann entschieden, trotzdem nach Terschelling zu fahren, aber eben nicht unter Regattabedingungen.
Vom Wetter her gab es aber auch wieder sehr schöne Momente. Ich mag Kontraste, was auch gut für Bilder und Filmaufnahmen sein kann. Mit stark gerefften Segeln ging jedenfalls eine größere Anzahl von Schiffen auf die Fahrt nach Terschelling. Mit dabei waren auch Segelschiffe, die ich bisher selten oder noch nie zuvor gesehen habe. Die "Utopia" zum Beispiel segelte eine ganze Weile neben uns her. Schon der Name des Schiffs deutet an, dass hier ein Wunschtraum wahr geworden ist! Und besonders schön zu erleben war diesmal auch die "Isis", der bekannte und ziemlich schnelle Klipper der Gouden Vloot. Beeindruckend auch die Fahrt der Klipper "Poolster" und "Poseidon" an unserer Seite.
So schöpfe ich Lebensfreude!
Segeln ist ein Mittel, den Alltag hinter sich zu lassen. Vor der Winterpause und bevor die dunklen Tage beginnen, ist mir das besonders wichtig. Natur, Wind und Wetter erleben, neue Gleichgesinnte kennen lernen, die Auseinandersetzung mit einer anderen Sprache, auch einige Einschränkungen akzeptieren, sehr viel Tapetenwechsel und einige Anstrengungen - eben andere Formen von "Stress", das macht es für mich aus. Diese Erlebnisse sorgen bei mir für Lebensfreude.
Als wir die Insel Terschelling erreichten, war noch etwas Zeit, um den kleinen Ort zu erkunden. Ich war auch wieder auf den recht hohen Dünen, um den wunderbaren Ausblick zu genießen. Die Wettervorhersagen mit Regen und Sturm erwiesen sich dann aber als sehr zutreffend, sodass wir einen lange Abend an Bord verbrachten. Meine Kenntnisse in holländischer Sprache sind inzwischen gut genug für die Kommandos beim Segeln: trekken heißt anholen bzw. ziehen und vieren das Gegenteil. Für eine gute Unterhaltung am Abend mit meinen Mitseglern reicht das aber leider nicht.
Auch die Heimfahrt nach Harlingen am nächsten Tag war unter Segeln möglich. In Harlingen angekommen holte ich den geplanten Hafenrundgang nach, ging auf die langen Molen an der Hafeneinfahrt, bis es dunkel wurde. Da das Wochenende für die meisten der Segelschiffe den Jahresabschluss der Segelsaison bildet, wurden mehrere umgehend abgetakelt. Und in Harlingen kann man auch gut irgendwo einkehren, was ich auch tat.
Von dieser Fahrt gibt es auch wieder ein Video, so dass Ihr sie ein wenig miterleben könnt.
Brandaris - der Leuchtturm auf der Insel
Die Insel wird weithin sichtbar vom Leuchtturm Brandaris überragt. Wenn man ihn sieht, hinterlässt er nicht unbedingt einen pittoresken Eindruck. Das muss er auch nicht. Vielmehr tut er, wofür wir Leuchttürme auch heute noch brauchen: er weist Schiffen den Weg und bewahrt sie vor einem Schiffbruch beim Auslaufen oder vor allem Anlaufen eines Hafens oder beim Passieren von Durchfahrten.
Das tut er schon viele Jahre. Der Brandaris ist zwar nicht der größte, aber der älteste Leuchtturm an den Küsten der Niederlande.
Der heutige Turm stammt aus dem Jahr 1594, also erbaut zum Ende jenes Jahrhunderts, in dem Nikolaus Kopernikus mit seiner
Proklamation eines heliozentrischen Weltbilds die Grundlagen für eine Wende in der Astronomie legte. Auch die Welt- und
Seekarten wurden damals schrittweise realitätsnäher, z.B. als der flämische Geograph und Kartograph Gerhard Mercator (1512 - 1594)
die nach ihm benannte Projektion schuf, was in den folgenden Jahrhunderten die Navigation und Positionsbestimmung in der Seefahrt
revolutionierte. Dennoch blieb die gute Positionsmarkierung an der Nordseeküste über Leuchttürme unerlässlich.
Der Name des Leuchtturms ist eine Anlehnung an St. Brandarius, einem irischen Abt und Heiligen, der im 5. Jahrhundert auf einer
7 Jahre dauernden Reise versuchte, das gelobte Land zu finden. In Kirchenbildern wird er mit einem brennenden Ast gezeigt und
weist vielleicht Suchenden den Weg? Jedenfalls ergibt sich so ein Bezug zum Leuchtfeuer des Turms. Dieses sieht man übrigens bei
guter Sicht etwa 30 sm, also etwas mehr als 50 km weit.
Bis zu den 1980er Jahren soll es möglich gewesen sein, als Besucher den Turm zu besteigen. Heute befinden sich in und auf dem
Turm technische Einrichtungen und er ist für Besucher nicht mehr zugänglich.
Der Brandaris ist auch heute noch ein Wahrzeichen für die Insel Terschelling. Das jedes Jahr zum Ende einer Segelsaison stattfindende Brandarisrace ist nach ihm benannt.