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Hanse Sail Rostock 2024
Hanse Sail Rostock 2024
Traditionsschiffe auf der Warnow
Segeln am Abend auf dem Segelschiff "Pegasus"
Barkentine "Loth Loriën"
Segelschiff "Abel Tasman"
"Swaensborgh" und "Regina Maris" beim Schoner-Race
Zieleinlauf beim Schoner-Race
3-Mast-Schoner "Pascual Flores"
Ausfahrt auf der Warnow zur Hanse Sail 2024
3-Mast-Toppsegelschoner "Gulden Leeuw"
Quatze "Ernestine"
Mit der Flagge am Bug durch den Hafen Rostock
3-Mast-Schoner "Ingo"
Lotsenschoner "Atalanta"
Segel bergen auf "Gunilla"
Segelschulschiff "Gorch Fock 2"
Hanse Sail - das bedeutet immer einen aufregenden Ausnahmezustand in Rostock und Warnemünde.
In den 33 Jahren ihres Bestehens hat sich die Hanse Sail Rostock immer wieder verändert. Über die Jahre feststehende
Programmpunkte gibt es nur wenige, neue hingegen immer wieder. Mein Eindruck dabei ist, dass in den vergangenen Jahren
vor allem Neuerungen an Land dazu gekommen sind. Aber natürlich passiert auch auf dem Wasser etwas. Das sogenannte Schoner-Race
am Donnerstag war in seiner zweiten Auflage ein Höhepunkt der Hanse Sail 2024. In diesem Jahr lieferten sich die holländischen
Schiffe "Swaensborgh", "Regina Maris" und "Stortemelk" ein Rennen. Auch wenn holländische Segler eigentlich oft und gern viele
Segel setzen: einen solchen Anblick habe selbst ich zuvor nur selten erlebt. Die jeweilige Crew an Bord der Schiffe hat alles
ausgereizt, was nur geht, wo sie doch sonst eher mit reduziertem Rigg und weniger schnell unterwegs waren. Natürlich müssen die
Segelgäste an Bord mitmachen, wenn statt des Sonnen- oder Regendachs einige Segel mehr gesetzt werden und wenn die Schräglage des
Schiffs ein entspanntes Genießen von Buffet und Getränken behindert. Fast 200 Gäste sollen laut Veranstalter die Regatta-Atmosphäre
miterlebt haben. Nach etwa vier Seemeilen, also knapp 7,5 Kilometern, erreichte die "Stortemelk" als erstes Schiff die
Zielmarkierung. Die "Swaensborgh" und die "Regina Maris" folgten einige Minuten später in nur geringen Abständen.
Am Sonntag gab es wieder das Match Race, auch in diesem Jahr eine Wettfahrt zwischen der polnischen "Baltic Beauty"
und der holländischen "Abel Tasman". Was mir bei dieser Sail ganz deutlich in Erinnerung blieb, war viel Wind an allen
Tagen, damit eine wellige Ostsee und ungemütliche Bedingungen beim Fotografieren. Ob den Segelgästen an Bord der
"Baltic Beauty" die Live-Musik und das polnische Essen gefallen haben? Mit Rücksicht auf seekranke Gäste musste die
Segelstrecke verkürzt werden. "Abel Tasman" gewann die Neuauflage des Rennens auch in diesem Jahr.
2024 war leider auch die "Sail der Motorschäden". Die angekündigte "Cisne Branco" aus Brasilien musste wegen
Motorschaden ihre Europatour abbrechen und reiste nicht an. Der spanische 3-Mast-Schoner "Pascual Flores" benötigte
nach Maschinenschaden technische Unterstützung, um wenigstens einen Teil der gebuchten Ausfahrten fahren zu können. Die Hanse
Sail Rostock organisierte Mechaniker. Der Hanse Sail Verein übergab außerdem eine Geldspende, um die ausgefallenen Einnahmen
etwas zu kompensieren. Am Sonntag war das Schiff dann auf dem Wasser. Tage zuvor sah ich auch "Amazone" am Schlepptau
eines Rettungskreuzers der DGzRS, offenbar mit Maschinenproblemen. Der deutsche Traditionssegler fährt ab nächstem Jahr für den
Kieler Verein "Jugendsegeln" e.V.. Der Küstenklatsch berichtete auch über Motorenprobleme auf "Albin Köbis", die aber
schnell überwunden wurden. Fast jedes Mal, wenn ein Schiff ausfällt, müssen Plätze für Mitsegler auf andere Schiffe umgebucht
werden. Für die Buchungszentrale der Sail eine schwierige Aufgabe, die sie aber meisterte.
Ausfahrten mit Jugendlichen gab es auch im Rahmen der Charity-Aktion "Sail4Kids". Die Hanse Sail organisierte dazu
drei Schiffe. "De Albertha", "Hanne-Marie" und "Hoffnung" nahmen 70 Kinder und Jugendliche mit
Handicap oder aus sozial benachteiligten Familien an Bord, um ihnen ein Segelerlebnis zu ermöglichen. Solche Fahrten werden
durch Sponsoren möglich. Das Geld hilft auch den Schiffen am oft buchungsschwachen Donnerstag der Sail.
Finanzielle Unterstützung gab es für einige "Schiffe in Not". Diese Solidaritätsaktion der Hanse Sail nutzt einen
Teilbetrag der Meldegebühren während der Sail für besondere Zuwendungen. Unterstützung erhielten das Segelschulschiff
"Greif", die in Stralsund umfangreich überholt wird, und die Logger "Belle Amie" sowie "Vegesack BV2". Letzterer
konnte wegen einer Havarie an der Kanalküste in diesem Jahr nicht an der Hanse Sail teilnehmen, ist aber ein treuer Gast
in Rostock.
Mein Traum von einem "kleinen Koggentreffen" auf der Hanse Sail musste auch in diesem Jahr wieder verschoben werden. Drei der
Nachbauten mittelalterlicher Schiffe, die Kieler "Hansekogge", die Pommernkogge "Ucra" aus Ückermünde und
die "Wissemara" aus Wismar, waren angereist und auch in nicht allzu großem Abstand auf der Warnow zu sehen. Das Wetter
verhinderte aber ein gemeinschaftliches Bild mit Koggen unter Segeln.
Segelschiffe sind die Stars auf der Hanse Sail Rostock. Ohne Segelschiffe keine Sail. Für mich neu oder zum ersten Mal bei der
Sail waren die schon erwähnte "Pascual Flores" aus Spanien, das Schiff mit der wohl weitesten Entfernung zum
Heimathafen, und die schwedische "Mathilda". Stars wären auch die angekündigten Schiffe "Cisne Branco" und
die holländische Ketsch "De Tukker" gewesen. "De Tukker" war leider nicht angereist. Sie fährt übrigens
emissionsfrei Lasten unter Segeln, zur Zeit wohl vor allem entlang der Westküste Europas.
Aus meiner Sicht ebenso unverzichtbar sind unsere deutschen Traditionssegelschiffe. Natürlich nutzen diese die Chancen auf der
Hanse Sail, um mit Segelgästen das für ihre Erhaltung notwendige Geld einzufahren. Die Buchungslage war wie im Vorjahr gut. Die
Nachfrage zum Mitsegeln ist jedoch nicht mehr so hoch, wie noch vor der Pandemie. Schiffsbetreiber reagieren auf diesen Trend
mit mehr, aber eher kurzen Ausfahrtangeboten. Bis zu drei Mal am Tag machen sie sich den Aufwand mit viel Verkehr auf der Warnow
bis in die Ostsee. Den meisten Segelgästen genügt das. Wer sich hingegen als Mitsegler sieht, wünscht sich mehr Stunden auf
einem Schiff.
Ich bin früher viel mehr durch den Hafen gewandert, habe dabei Informationen gesammelt oder habe auf den Molenköpfen gestanden,
um zu fotografieren. Das war schon im letzten Jahr und auch in diesem weniger der Fall. Es ist eindeutig abhängig vom Wetter,
aber vermutlich eben auch von der Anzahl der Fahrten der Schiffe, ob Du sie auch an Land unter Segeln sehen kannst. Die früher
populären Geschwaderfahrten auf der Warnow, die schon fast den Charakter einer Parade hatten, morgens raus und abends wieder
heim, sind heute mehr ein dauerhaftes Kommen und Gehen und auf Grund der resultierenden Segelstellungen fotografisch weniger
attraktiv.
Eine Initiative mit dem Potential, zur guten Tradition der Hanse Sail zu werden, war die Baltic Friendship 2024. Dabei handelt
es sich um ein Projekt, um Jugendliche aus verschiedenen Nationen das Segeln auf traditionellen Segelschiffen näher zu bringen.
17 deutsche und polnische Auszubildende und Studierende absolvierten unmittelbar vor der Hanse Sail einen dreitägigen Törn.
Ob am Ruder, in der Takelage oder in der Kombüse, das Projekt versprach vielfältige neue Erfahrungen, Begegnungen und
interkulturellen Austausch. Solche Projekte machen wichtige Ziele der Hanse Sail deutlich. Die Völkerverständigung im
Ostseeraum wird gestärkt. Die Begeisterung für die Traditionsschifffahrt und für das maritime Erbe wird geweckt. Darin
sind sich alle beteiligten Veranstalter einig. Auch dieses Projekt haben Sponsoren ermöglicht. Den Sponsoren ging es größtenteils
auch darum, junge Menschen für maritime Berufe zu begeistern. Als Schiff nutzen die Mitseglerinnen und Mitsegler übrigens
die "Großherzogin Elisabeth", die ich im Morgengrauen am Mittwoch vor der Sail am Horizont unter vollen Segeln
beobachtete.
Gute Tradition in Rostock sind ja auch Feuerwerke. Auf Grund strengerer Sicherheitsregeln gab es da Unterbrechungen, aber in
diesem Jahr hat es wieder geklappt. Schon am Donnerstag verfolgte ich eine kleine Show am Strand von Warnemünde. Meine Entdeckung
an diesem Abend war aber die Schweriner Band "Luna Soul", die zuvor auf einer kleinen Bühne spielte. Am Samstag gab es
dann ein sogenanntes Pyro-Musical im Stadthafen. Die Verbindung von Lichteffekten mit ausgewählter Musik traf auch den Nerv der
Besucher. Ich bin, was solche Shows betrifft, in Frankreich sehr verwöhnt worden. Gänsehaut hatte aber auch ich, als sich die
Schiffsbesatzungen mit einem lauten Gruß aus Typhonen für die Darbietung bedankten.
Die Hanse Sail 2024 in Zahlen liest sich wie jedes Jahr sehr eindrucksvoll. Es waren von Donnerstag bis Sonntag rund eine halbe
Million Menschen in den Arealen zwischen dem Stadthafen und Warnemünde unterwegs. Doch man findet auf der Sail definitiv auch
ruhige Orte, wo man die Atmosphäre oder die Schiffe abseits von Menschenmassen genießen kann. Andrang herrschte an den 20 Bühnen
der Veranstaltung, wo ca. 200 Künsterlinnen und Künstler auftraten. Etwa 130 Schiffe boten 16.000 Plätze für Ausfahrten auf die
Warnow und Ostsee an.
Blieben eigentlich auch Wünsche offen? Worum ich mir Sorgen mache, ist die überregionale Bekanntheit dieser von den Organisatoren
immer wieder mit Superlativen bedachten Veranstaltung. Ich bin in diesem Jahr auf der Sail in Brest gefragt worden, ob es in
Deutschland denn auch traditionelle Schiffe und solche Veranstaltungen wie in Frankreich gibt. Man kennt dort die Hanse Sail
Rostock nicht. Gefragt haben Pressevertreter, aber es wird keine Fachpresse gewesen sein, die solche Fragen stellt. Trotzdem
sehe ich es als eine ständige Herausforderung für die Organisatoren der Hanse Sail an, die Veranstaltung überregional bekannt
zu machen. Die großen Presseagenturen, Rundfunk und Fernsehen müssen angesprochen werden, damit sie berichten. Herausfordernd
ist es auch, immer wieder Segelschiffe für eine Teilnahme zu gewinnen. Dafür müssen die Bedingungen stimmen, was Anlegeplätze
betrifft. Die Stadt Rostock muss hier investieren, um Kaikanten auch für größere Schiffe bereitstellen zu können. Das Hafen- und
Seemannsamt hat bereits mit der Sanierung der Hafenanlage im Bereich der Haedgehalbinsel und des Kempowski-Ufers im Rostocker
Stadthafen begonnen. Auf insgesamt 400 Metern wird die Kaianlage mittels Spundwänden, Verankerungen, Tiefgründungen und einer
Stahlbetonplatte ertüchtigt, um die volle Funktionstüchtigkeit der Hafenanlage dauerhaft und langfristig wiederherzustellen. Was
aber ist mit der notwendigen Wassertiefe der Warnow bis zu den Liegeplätzen? Auch gibt es nach wie vor Planungen, den Stadthafen
durch eine Brücke zu zerteilen. Wie das mit dem Schiffsbetrieb während einer Sail vereinbar sein soll, ist mir im Moment noch
nicht klar.
Nun jedenfalls tickt die Uhr an der Fassade des Organisationsbüros wieder. Sie zählt die Zeit bis zum 07. August 2025 rückwärts,
wenn die nächste Hanse Sail in Rostock beginnt.
Schiffsbetreuung auf der Hanse Sail
Es ist nicht so bekannt: hinter dem Büro Hanse Sail, einer "Einrichtung" der Tourismuszentrale Rostock und Warnemünde, arbeitet ein Verein, der ehrenamtlich und ganzjährig die traditionelle Schifffahrt in der Ostsee fördert.
Das wichtigste Ereignis im Jahr ist natürlich auch für den Hanse Sail Verein die Veranstaltung im August. Hier organisiert
der Hanse Sail Verein einen besonderen Service, den teilnehmende Schiffe bzw. deren Crews sehr zu schätzen wissen. Jedes
teilnehmende Schiff erhält eine Schiffsbetreuerin oder einen Schiffsbetreuer, die sich an den Sailtagen um alle Belange
kümmern, die bei so einer Veranstaltung auftreten können. Die Schiffsbesatzungen sollen sich in Rostock willkommen fühlen,
denn ohne Schiffe keine Hanse Sail.
Die Schiffsbetreuung beginnt mit der Übergabe einer Kapitänstasche mit Stadtplan, Veranstaltungsübersicht, Fahrkarten für
öffentliche Verkehrsmittel und auch einer Flagge der Hanse Sail. Haben sich die Schiffsbetreuer mit der Crew eines Schiffs
bekannt gemacht, bleiben sie häufig rund um die Uhr für diese ansprechbar. Fremdsprachenkenntnisse sind von Vorteil, denn die
Hanse Sail empfängt ja internationale Gäste. Ortskenntnisse, hohe Motivation für diese Aufgabe und einfach Gastfreundlichkeit
sind dann die Basis für die Betreuung. Manchmal geht es um technische Fragen, weil etwas gewartet oder repariert werden muss.
In diesem Jahr ging es auf Grund der Probleme mit Maschinen auf den Schiffen sehr viel um Technik. Die Versorgung der Crew mit
Informationen oder auch Brötchen vom Sponsor für das Frühstück gehören aber auch dazu. Mit ihrem Service bilden die
Schiffsbetreuer ein wichtiges Rückgrat der Hanse Sail.
Ehrenamt macht Spaß – so lautet ein aktueller Werbeslogan der Akteure des Hanse Sail Vereins, die häufig
"Wiederholungstäterinnen und -täter" sind. Spaß entsteht z.B. dadurch, dass man zu einem Team gehört und an einer
großartigen Sache teilhaben kann. Die Leidenschaft für eine tolle Veranstaltung ist hier jedenfalls oft spürbar.